Anschlag auf das Wahlgeheimnis

Keine „Verschwörungstheorie“: Briefwahl zerstört die geheime Wahl und erhöht die Manipulationsgefahr

„Briefwahl jetzt!“, schreit es derzeit penetrant von allen Wahlplakaten der „Grünen“ herunter. Achtzehn Monate Corona-Maßnahmenregime haben bei den zurückliegenden Wahlgängen den ohnehin steigenden Anteil der Briefwähler drastisch in die Höhe schnellen lassen. Die Dauerbeschallung mit Corona-Panikmache schreckt viele Bürger vom Besuch der Wahllokale ab. Die Deutsche Post stellt sich bereits auf eine Rekordrate von 60 Prozent und mehr Briefwählern ein, ähnlich hoch wie schon bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Frühjahr.

Das Wahlergebnis wird dadurch gravierend beeinflusst werden. Schon die drückenden Corona-Auflagen, die größere Wahlveranstaltungen erschweren oder gar unmöglich machen, beeinträchtigen die Chancengleichheit der Parteien.

Das mindert vor allem die Werbemöglichkeiten echter Oppositionsparteien wie der AfD: Für sie hat die öffentliche Mobilisierung und der direkte Kontakt mit den Bürgern viel größere Bedeutung als für die etablierten Parteien, deren Wahlveranstaltungen ohnehin dürftig besucht sind, die dafür aber die Gunst der Zwangsgebührensender und des Medien-Mainstreams genießen.

Briefwahlen begünstigen die etablierten Parteien. Das hat schon die Bundestagswahl 2017 gezeigt, bei der der Briefwähleranteil auf die bisherige Rekordmarke von 28,6 Prozent gestiegen war. Nur 9,6 Prozent der Briefwähler stimmten für die AfD, aber 13,9 Prozent der Wähler in den Wahllokalen – deutlich mehr als das Gesamtergebnis von 12,6 Prozent.

Bei der Briefwahl kommen Stammwählerneigungen stärker zur Geltung; Protestentscheidungen, die oftmals von Stimmungen, Skandalen, Aussagen oder Enthüllungen kurz vor dem Wahltag angestoßen werden, sind seltener oder gar unmöglich, wenn der Stimmzettel schon Wochen zuvor abgeschickt wurde.

Vor allem Rentner, Jungwähler, Akademiker und Frauen bevorzugen die Briefwahl. Das half, auch ohne Corona-Ausnahmezustand, vor allem der Union und den „Grünen“; kein Wunder also, dass gerade sie sich an die Spitze der Briefwahl-Propaganda setzen.

Bundesinnenministerium, Verfassungsschutz und Bundeswahlleiter werden nicht müde, die „Sicherheit“ der Briefwahl zu betonen und Skeptiker, die eine höhere Anfälligkeit für Manipulationen befürchten, in die Nähe von „Verschwörungstheoretikern“ zu rücken. Briefwahlstimmen würden genauso sorgfältig ausgezählt wie im Wahllokal abgegebene, beschwichtigt Bundeswahlleiter Georg Thiel.

Damit redet er gezielt um den entscheidenden Punkt herum: Briefwahl im großen Stil und nicht nur als absolute Ausnahme hebelt das aus, was eine Wahl erst zur echten demokratischen und freien Wahl macht: die geheime, unbeeinflusste Stimmabgabe. In der „DDR“-Diktatur machte man sich schon verdächtig, wenn man die pro forma aufgestellte Wahlkabine überhaupt aufsuchen wollte.

Das Wahlgeheimnis braucht die unbeobachtete Wahlkabine. Ob Briefwahlzettel zu Hause gemeinsam am Küchentisch unter der Sozialkontrolle von Familie und Verwandtschaft ausgefüllt werden oder gleich vom Enkel für die Oma, kann niemand überprüfen. Im Umfeld von „Fridays for Future“, der „Klimaschutz“-Sturmtruppe der „Grünen“, kursieren schon Musterbriefe, mit denen klimabewegte jugendliche ihre Großeltern zur „richtigen“ Stimmabgabe drängen sollen.

Dass Kandidaten älteren oder ängstlichen Mitbürgern anbieten, beim Wählen zu „helfen“, ist schon länger gängig; ebenso, dass Parteien ihre Jugendorganisationen losschicken, um Alten- und Pflegeheime per Briefwahl „abernten“. Wer die entsprechende kriminelle Energie aufbringt, kann sich Wahlvollmachten und Wahlunterlagen auch erschleichen oder per gefälschter Unterschrift auf anderen Namen anfordern oder dafür anfälligen Wahlberechtigten einfach abkaufen.

Ein weiterer Eckpfeiler der demokratischen Wahl ist die öffentliche Einsehbarkeit des Umgangs mit den ausgefüllten Stimmzetteln von der Abgabe bis zur Auszählung. Der Einsatz von Wahlmaschinen wie in den USA wurde aus genau diesem Grunde 2009 vom Bundesverfassungsgericht verworfen.

Im allgemein zugänglichen Wahllokal ist die Möglichkeit der öffentlichen Kontrolle durch die Bürger gewährleistet. Auf dem langen Rücksendeweg per Post und bei der Deponierung der eingegangenen Wahlbriefe bis zur Auszählung geht Transparenz unweigerlich verloren und die Möglichkeiten, Stimmzettel zu manipulieren, verschwinden zu lassen oder zusätzlich in Umlauf zu bringen, vervielfachen sich.

Das sind keine hypothetischen Fälle; solche Verstöße wurden in der Vergangenheit schon häufiger aufgedeckt und blieben vielleicht noch öfter unerkannt. Linksradikale rufen auch vor dieser Wahl im Netz und in den sozialen Medien bisweilen sogar offen dazu auf, missliebige Stimmen aus dem Verkehr zu ziehen. Je größer der Briefwähleranteil, desto höher die Manipulationsmöglichkeiten und desto weniger kann von einer geheimen, demokratischen und freien Wahl die Rede sein. Die Forderung, auf reine Briefwahlen umzustellen und den Bürgern die Unterlagen automatisch zuzustellen – sie kommt natürlich wieder von den „Grünen“ –, würde sie ad absurdum führen.

All diese Sicherheitsbedenken sind nicht neu. Darüber wird intensiv diskutiert, seit in den Siebzigerjahren in der alten Bundesrepublik der Briefwähleranteil zweistellige Werte erreichte. Der ‚Spiegel‘ widmete dem Thema schon 1980 eine ausführliche kritische Reportage. Auch Bundeswahlleiter Georg Thiel teilte sie noch bis vor Kurzem. Sein plötzlicher Stimmungsumschwung scheint politisch erwünscht zu sein. Im Interesse von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist er nicht.

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