»Deutschland wird der Verlierer sein« | Exklusiv-Interview mit Dirk Spaniel, MdB (AfD)

Was bedeutet das geplante Verbot des Verbrenner-Autos für die deutsche Autoindustrie und den normalen Autofahrer? Ein Interview mit Ingenieur Dr. Dirk Spaniel, dem verkehrspolitischen Sprecher der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag.

 

Herr Dr. Spaniel, laut aktuellen Umfragen von Forsa und INSA rückt eine Mehrheit für ein rot-rot-grünes Bündnis bei der Bundestagswahl im September in greifbare Nähe. Würde eine Koalition unter grüner Führung ernst machen und an dem Verkaufsstopp für neue Verbrenner-Autos ab 2030 festhalten?

Ja, ich gehe davon aus, dass eine grün-rot-rote Regierung per Gesetz Realitäten schaffen wird, ungeachtet dessen, ob Industrie und Energieversorgung diese radikale Wende leisten können. Bei den Wählern der Grünen und Linken gibt es auch breiten Rückhalt für dieses frühe Ausstiegsdatum. Sie glauben, zu wissen, worauf sie sich einlassen.

Worauf lassen sie sich denn ein?

Der ganzen Debatte um das Aus des Verbrennungsmotors mangelt es an Verständnis für volkswirtschaftliche Zusammenhänge, oder sie werden geflissentlich ignoriert. Auch wenn die grüne und linke Klientel, die in den angesagten Stadtvierteln angesiedelt ist, gut und gerne ohne Auto durchs Leben kommt, und Jobs hat, die maximal weit vom freien Markt und der Industrie entfernt sind, hängt es indirekt am Verbrennungsmotor. Sie sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen!

Warum hängt so viel an der deutschen Motorenfertigung?

Es geht um die globale Marktführerschaft einer deutschen Schlüsselindustrie. Es geht um hochkomplexe Fertigungsprozesse und ihre Lieferketten. Es geht um echte Wertschöpfung hierzulande. Wenn das, was ein Auto ausmacht, nämlich der Antrieb, erzwungenermaßen durch eine neue Technologie ersetzt wird, welche auch immer, wird einer der größten Wertschöpfungsfaktoren der deutschen Volkswirtschaft wegbrechen. Dann gibt es, schlicht gesagt, kaum noch Geld zu verteilen. Das sind dann Zustände, da nützt auch das Gemüsebeet auf der Berliner Dachterrasse nichts mehr.

Muss es wirklich so schlimm kommen? Noch in diesem Jahr will Tesla die ersten Elektroautos in der neuen Fabrik in Grünheide bei Berlin produzieren. Tesla-Chef Elon Musk und VW-Chef Herbert Diess sieht man immer wieder zusammen. Vielleicht tun sich da Allianzen auf?

Noch mal: Läuft es durch politische Lenkung und Milliardenförderungen auf das E-Auto hinaus, ist Deutschland der Verlierer. Alles, was mit dem Batterieantrieb zusammenhängt, die Technologie, das Know-how, die Fertigung, also die elementare Phase der Wertschöpfung sehe ich nicht in Deutschland stattfinden. Ich vermute, dass amerikanische und chinesische Hightech-Giganten um dieses Stück Kuchen kämpfen werden. Das kann den global agierenden Autokonzernen und deren oberster Managementriege auch egal sein, denn der zusammenbrechende Wohlstand hierzulande wird sie kaum tangieren.

Sie betonen immer wieder, dass die für die Verkehrswende benötigte Energieversorgung nicht ausreicht, und dass sowohl die Ladeinfrastruktur als auch die Batterietechnologie im Auto auf absehbare Zeit nicht praktikabel sind. Macht die Physik der Politik einen Strich durch die Rechnung?

Ja und nein. Richtig ist, die Wirklichkeit passt nicht zur Ideologie. Umso schlimmer für die Wirklichkeit, sagen dazu die Grünen. Sie werden es darauf ankommen lassen mit den absehbaren Konsequenzen. Der Verbrennungsmotor ist die ökologisch und ökonomisch sinnvollste Technologie, die wir haben. Bei ihrem Aus geht es um alles Mögliche, aber definitiv nicht um die Umwelt oder das Klima.

Sondern?

Unter dem Vorwand, das Klima zu schützen, kickt man den Technologie-Standort Deutschland als Konkurrenten aus dem Rennen, und die deutsche Politik ist auch noch ein Treiber in diesem Spiel. Naive Ideologen und Leute mit anderem Kalkül haben da zueinandergefunden.

Noch mal zur Frage von vorhin: Hat das E-Auto Zukunft?

Ja, nur nicht für jeden. Sie fahren ja schon. Doch selbst wenn die Autohersteller nun immer mehr Elektro-Modelle auf den Markt bringen und die Reichweite akzeptabel sein sollte, wird Autofahren keine Massenveranstaltung mehr sein. Der normale Bürger und vor allem die Familie mit mehreren Kindern wird sich kein adäquates E-Auto leisten können. Zum einen wird das E-Auto wegen der hohen Batteriekosten auch auf längere Sicht teurer bleiben als ein vergleichbarer Verbrenner. Zum anderen plant Rot-Rot-Grün, die mittleren Einkommensklassen wesentlich stärker zu besteuern und das Ehegattensplitting abzuschaffen. Welcher normale Arbeitnehmer, welche Familie soll sich dann noch ein teures E-Auto leisten können? Also ganz abgesehen von der eben beschriebenen volkswirtschaftlichen Dimension wird es mit Rot-Rot-Grün soziale Verwerfungen geben, die ich mir nicht ausmalen mag.

Sind Sie als AfD-Politiker also kategorisch gegen die E-Mobilitätsverkehrswende?

Nein, das bin ich nicht. Aber wir als AfD sind gegen ein Verbot der weltweit besten Motorentechnologie, die wir derzeit haben. Wir sind auch gegen ein Verbot zu irgendeinem späteren Datum. Wir sind der Meinung, dass sich die beste Technologie durchsetzen soll, und dass vielversprechende Alternativen zum Verbrenner auch erforscht werden sollen. Gleiches gilt aber auch für die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors, der nach wie vor enormes Entwicklungspotenzial hat.

Herzlichen Dank für das Gespräch!


Dirk Spaniel (* 3. November 1971 in Marburg) ist ein deutscher Politiker (AfD) und Diplom-Ingenieur. Er war bis zu seiner Abwahl am 15. Februar 2020 neben Bernd Gögel Co-Landessprecher der AfD Baden-Württemberg. Bei der Bundestagswahl 2017 zog er über die Landesliste Baden-Württemberg in den 19. Deutschen Bundestag ein. Von 2017 bis November 2018 war er Vorsitzender der Landesgruppe.

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